Edgar Zonhugod: Strommonopol oder Elektrizitätsbinnenmarkt? Wer überprüft die Angemessenheit der Strompreise?

Buchhinweis

Edgar Zonhugod: Hat die Welt den Untergang verdient?


StockKosh-business-technology-1335-1253277234Kfma
Harte Bandagen sind das übliche Werkzeug - Bildquelle: StockKosh-business-technology-1335-1253277234Kfma

Strommonopol

Da zur Monopolzeit der Stromwirtschaft nicht immer gewährleistet werden konnte oder sollte, dass ein Stromkunde für seinen Strombedarf den jeweils günstigsten Preis erzielte, war ein Heer von selbstständigen Beratern und Beratungsunternehmen unterwegs, um hierzu entsprechende Beratungsleistungen zu verkaufen. Den bestmöglichen Strompreis für den Kunden zu erreichen, hatte für viele auch so was wie einen sportlichen Charakter mit reformatorischem Hintergrund.

Zu Anfang der neunziger Jahre begab es sich, dass seitens der Berater zunehmend Anstrengungen unternommen wurden, die Angemessenheit der Preisgestaltung der Stromversorger zu hinterfragen und diese gegebenenfalls gerichtlich überprüfen zu lassen. Für die Rückerstattung zu viel gezahlter Stromkosten bedienten sich die Berater und deren Rechtsbeistände verschiedener geeigneter juristischer Sachgründe und Substantiierungsmethoden. Die wirtschaftlichen Ergebnisse wie die finanzielle Ausstattung der Stromversorger, insbesondere der Großen Vier RWE, E.ON, EnBW, Vattenfall hatten zur damaligen Zeit wirklich beeindruckende Dimensionen.

Prozesslasten

So kam es, dass so um 2003/2004 mehrere Prozesse nach altem Verjährungsrecht mit einen Streitwert in zweistelliger Millionenhöhe gegen die großen Vier in Gang gebracht wurden. Interessant war, dass ein Teil der Klagen nach der Einreichung bei Gericht durch das Bundeskartellamt beschlagnahmt wurden und diese Klagen erneut nachzureichen waren.

Erschwerend kam hinzu, dass sich einige Jahre später ein maßgeblicher Mitarbeiter eines Prozessfinanzierers mit einem zweistelligen Millionenbetrag in ein neutrales Land absetzte. Dies führte in den Jahren 2007/2008 aus prozesshygenischen Gründen zu einem Deal, bei dem einer der Großen Vier einen Teil der Ansprüche in einer Höhe befriedigte, was für beide Seiten zu einer Art ausgeglichenen Ergebnis führte und der Gang vor die höchste gerichtliche Instanz der Republik vermieden werden konnte.

Zur damaligen Zeit konnte man anhand umfangreicher Ansatzpunkte die Strompreise hinterfragen und sich durchaus gute Erfolgschancen für eine Preisreduzierung erarbeiten.

Elektrizitätsbinnenmarkt

Seit Einführung des Elektrizitätsbinnenmarktes im Jahr 1998 ist dies wegen der i. d. R. gesetzlich zementierten Regelungen für Netznutzung (Transport und Verteilung), Stromsteuer, EEG, KWK, Konzessionsabgabe, MwSt. wesentlich aufwendiger, denn man müsste u. a. Gesetze kippen. Einen richtigen Wettbewerb stellt man sich eigentlich anders vor – oder?

Die Möglichkeiten der Endverbraucher sind sehr überschaubar. Man kann sich über eine Vielzahl von Vergleichsportalen zwar einen anderen Lieferanten suchen, der einem für das 1. Jahr meist einen sehr günstigen Preis anbietet, weil durch diverse Boni für das erste Jahr ein außerordentlich geringer Durchschnittstrompreis zustandekommt.

Der sich dabei rechnerisch ergebende Strombeschaffungspreis bewegt sich dann in einer Höhe von ca. 5% des Durchschnittsstrompreises. Kündigt man den Vertrag z. B. rechtzeitig, bevor im 2. Jahr der volle Preis zu bezahlen ist, dann kann man i. d. R. einen wirtschaftlichen Vorteil realisieren.

Der Anteil der beeinflussbaren Stromkosten liegt im 2. Jahr meist bei ca. 20-25%. Empfehlenswert ist, dass man für das anschließende Jahr bereits einen Lieferanten parat hat, mit dem man die gleiche Prozedur vollziehen kann - so kann man das Spiel Jahr für Jahr wiederholen, bis es einem mal evtl. nicht gelingt.

Ein Risiko besteht, wenn ein Lieferant insolvent wird. Da verliert man eventuell die Boni fürs 1. Jahr, also gilt es die Lieferanten auf Bonität und Leistungsfähigkeit prüfen. Um den günstigsten Strompreis realisieren zu können, kommt man nicht umhin, mehrere Vergleichsportale abzufragen, denn jedes Portal benennt teilweise andere Anbieter.

Für den gewieften Stromkunden ist es interessant, zu prüfen, welcher verbleibende Strombeschaffungspreis sich nach Abzug aller gesetzlich definierten Preisbestandteile ergibt. Man kann unter Einbeziehung der aktuellen Börsenstrompreise (z. B. dem EEX in Leipzig) nachvollziehen, wie viel für Vertrieb und Marge verbleibt. Die Möglichkeit je nach Strombedarf ein geeignetes Ausschreibungsverfahren einzusetzen, besteht natürlich nach wie vor  - die Frage wird nur sein: Funktioniert dies auch entsprechend?

Fazit

Es ist nicht zu übersehen, dass vonseiten des Stromkunden bestenfalls nur noch der Strombeschaffungspreis inkl. Vertrieb und Marge beeinflussbar ist. Die Stromwirtschaft hat immer argumentiert, dass durch das hohe Investment die Strompreise auf Jahrzehnte vordefiniert sind. Wer da mal nachrechnet, wird feststellen, dass für Strom aus einem Kernkraftwerk, dessen Rückstellungen und Abschreibungen bilanziell erledigt sind, ein Strompreis von 0,5 bis 1 Ct/kWh möglich sind.

Dieser Strom und andere günstige Strompreise werden augenscheinlich nicht an Strombörsen gehandelt, er wird wahrscheinlich an Kunden geliefert, die sich in einem internationalen Wettbewerb befinden! Da wäre es natürlich interessant nachzuvollziehen, welche Unternehmen in ihrem Ergebnis einen hohen Ergebnisanteil durch eine gesetzlich bestimmte Verkürzung bei Preisbestandteilen (wie z. B. dem EEG) aufweisen.

Strompreisentwicklung

Der durchschnittliche Bruttostrompreis für die meisten Stromkunden hat sich heute im Vergleich zur Monopolzeit meist mehr als verdoppelt. Für den Kunden entsteht der Eindruck, die Funktion der Strombörsen bestehe vornehmlich darin, einen möglichst hohen Strombeschaffungspreis darstellen zu können, was als Argumentation für hohe Strompreise dient, siehe u. a. die Hinweise über diverse Vorfälle in der Vergangenheit. Höchstpreise zahlen i. d. R. Kunden, die mit Preisen gemäß Grundversorgung versorgt werden.

Die Erklärungen bezüglich der ständig steigenden Strompreise ist wenig nachvollziehbar, wenn wie im Mai 2020 ein Börsenstrompreis von 1,943 Ct./kWh und im April von 1,635 Ct./kWh vermeldet werden. Es gab aber auch schon Börsenstrompreise von über 8,8 Ct./kWh. Jedenfalls zeigen aktuelle Recherchen, dass derzeit gerichtliche Auseinandersetzungen um die Angemessenheit des Strompreises bei Kunden bis 100.000 kWh/Jahr in der BRD im Vergleich zur Monopolzeit kaum zu finden sind.

Optimierte Ausbeutung

Das System hat sich mit Hilfe der Politik eine Art Unangreifbarkeitsstatus zugelegt, der den Verbraucher in ein Preissystem mit geringen Chancen zur gerichtlichen Überprüfung zwingt – es ist letztlich eine Preisdiktatur – es hat so was wie eine Belarus-Anmutung! Vielmehr zeigt das System mittlerweile Entartungen wie negative Börsenstrompreise und Ökostrom Paradoxa. Nach den allgemeinen Erfahrungen über derartige Systeme, werden diese irgendwann implodieren oder einem Zusammenbruch anheim fallen.

Offensichtlich haben die damaligen Gestalter des neuen Systems die Erfahrungen aus der Monopolzeit betreffend der Angemessenheit des Strompreises in das neue System einfließen lassen und damit umfangreiche juristische Überprüfungsmöglichkeiten wie vormals nahezu vermieden.

Hieraus kann man schließen, dass es u. U. nicht sinnvoll ist, ein bestehendes System zu kritisieren bzw. zu hinterfragen, denn als Ergebnis entsteht mitunter am Ende ein nahezu unüberwindbares diktatorisches System, das für bestimmte Interessenskreise von wirtschaftlichem Vorteil ist.
Aus der Sicht der Kunden könnte es gegebenenfalls viel interessanter sein, eine bestehende Situation mit seinen Unzulänglichkeiten laufen zu lassen, damit diese sich zu gegebener Zeit durch markante Umstände selbst zerstört.

Lobbyismus

Der aufmerksame Mensch wird feststellen, dass derzeit seine ihn gesellschaftlich umgebende Welt nach einer Struktur gestaltet wird, die vergleichbare Erzwingungsmaßnahmen (z. B. die CO2-Bepreisung) enthält, damit es bestimmten Interessenskreisen am Besten passt. Am Ende entstehen Aufblähung und wirtschaftliche Vorteile zugunsten dieser Kreise der menschlichen Gesellschaft. Während sich die Macher der G7-Staaten von den weltweit agierenden Multis eine 15%-ige Steuer gönnen wollen, werden alte wie neue Vermögen verschont, die Ihr Geld mit CO2-missachtender Technologie verdient haben.

Wie schon angedeutet, kann man den Widersachern der vorherrschenden Macher nur raten, ihre durchaus berechtigte Kritik und das mitunter aggressive Dagegensein zu überprüfen und neue Ebenen anzupeilen, die eine qualifizierte Wirksamkeit zum Besseren in der Welt entwickeln helfen. Weitere Details zu dieser Betrachtung würden den Rahmen des vorliegenden Themas sprengen.

Stromanbieter-Wechsel: teure Überraschungen bei Bonus, Laufzeit & Co. vermeiden

22. November 2019 | Finanztip
Zum Finanztip-Stromrechner

Beim Stromanbieterwechsel könnt Ihr viel sparen, aber auch viel falsch machen. Saidi zeigt 7 typische Fehler – und erklärt, wie Ihr sie vermeidet. Plus: Wir stellen den Finanztip-Stromrechner vor.